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Pressestimmen

Interview mit
Marianne Sajdik

Am Samstag, dem 5. November 2011, erschien ein Interview mit Marianne Sajdik unter dem Titel Ein Stück Wien in Berlin in der Rubrik "Lebensart" der Salzburger Nachrichten. Für alle Freunde des wiensalonberlin haben wir es nun auch hier veröffentlicht. Viel Spaß bei der Lektüre!

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Ein Stück Wien in Berlin

Marianne Sajdik hat sich ihren Platz wohlüberlegt ausgesucht: In der Hornstraße wurde 1973 das erste Frauenzentrum gegründet, und die US-Fotografin Nan Goldin hatte dort ihr Atelier. Ihre Salonabende in gemütlicher Atmosphäre mit österreichischem Wein reichen von aufsehenerregenden Kunstaktionen bis zu Gesprächsrunden mit gesellschaftspolitisch brisanten Themen: Ende November ist ein Salonabend anlässlich 50 Jahre Amnesty International geplant.

Wie kamen Sie auf die Idee, in Berlin einen „Wiensalon“ zu gründen?

Sajdik: Nach den Umbrüchen, die ich in Russland als Auslandskorrespondentin hautnah miterlebt hatte, reizte es mich, in Deutschland die Auswirkungen des Systemwandels kennenzulernen. Mein Salon ist so gewissermaßen ein Forschungsprojekt. Kunst und Kultur sind die Transportmittel, um mit meinen Gästen – Künstlern und anderen politisch und kulturell interessierten Menschen – in einen Dialog treten zu können. Ich verstehe meinen Salon als Vermittlungsinstanz zwischen West und Ost, als einen Ort weiblicher Kultur, in dem ich, eine österreichische Salonnière, Regie führe. Nachdem die Salonkultur vielfach in das virtuelle Netz abgewandert ist, versuche ich, die Tradition des Wiener und Berliner Salons in realer Form wiederzubeleben. Vorbild ist die Berlinerin Rahel Varnhagen von Ense, die sich der Aufklärung verschrieben hatte: „Alles was wir wissen, bezieht sich auf etwas, was wir nicht wissen.“

Wie wurde Ihr Salon in Berlin auf-genommen?

Sajdik: Die Berliner haben den Salon regelrecht gestürmt. Meine erste Ausstellung bildender Kunst hatte in Anspielung auf die Wirtschaftskrise den programmatischen Titel „Es geht nicht“. Ich dachte, ich würde einsam und verlassen in meinen Räumen sitzen – doch die Besucher standen bis weit vor meinem Haus an, und die Vernissage wurde zu einem kleinen Straßenfest. Die Berliner sind ein aufgeschlossenes und kontaktfreudiges Publikum, das mit großer Gelassenheit meine oft schwer zugängige Kunst wohlwollend aufnimmt.Die alternative Szene Kreuzbergs zählt genauso zu meinen Gästen wie Wilmersdorfer und Charlottenburger oder Regierungsbeamte aus Mitte. Aber auch aus den neuen Bundesländern stellen sich immer mehr Gäste ein. Besonders beeindruckt hat mich ein Arbeiter aus der Stadt Schwedt an der polnischen Grenze, der früher in einem petrochemischen Kombinat mit 8000 Kollegen gearbeitet hat und der nach der Wende gemeinsam mit mehr als 6000 Arbeitern entlassen worden ist. Er hat, nachdem er aus einer Obdachlosenzeitung von meinem Salon erfahren hatte, mit großer Sachkenntnis die Ausstellung „Mein Russland“ kommentiert.Bei einem meiner politischen Salons anlässlich des Mauerfalls nahm auch der Leipziger Sänger Sebastian Krumbiegel von den „Prinzen“ teil. Ende 2010 kuratierte ich zum 150. Geburtstag von Gustav Mahler eine Ausstellung mit 17 internationalen Künstlern.

Wie finanzieren Sie das? Muss man einen Kostenbeitrag leisten?

Sajdik: Bislang habe ich das vermieden. Ich erhalte keine Unterstützung, sondern versuche, mit Kunstverkäufen den Salon zu finanzieren. Was natürlich nicht gelingt, da ich sehr wenig, wenn überhaupt, Provision von den Künstlern nehme. Aber die Freude an unkonventioneller und spannender Kunst macht das Budgetloch wieder wett. Kreuzberg ist als sozialer Brennpunkt bekannt.

Welche Antworten gibt Ihr Salon auf besorgniserregende Entwicklungen?

Sajdik: Derzeit setzt ein Wandel im bisher linksalternativen Kreuzberg ein, der mich erschreckt. In meinem Stadtteil leben rund 145.000 Menschen, davon mehr als ein Drittel mit Migrationshintergrund. Angeheizt durch die Ausländerdebatte rund um den Ex-Senator Thilo Sarrazin hat die rechtsradikale Szene ihr Kampfgebiet bis Kreuzberg ausgedehnt, das bisher Tabuzone war. Auf beiden Seiten wird aufmunitioniert. Durch Zufall bin ich in der U-Bahn-Station Mehringdamm in einen Aufmarsch geraten. 300 Rechtsradikale stürmten vermummt und mit Schlagstöcken bewaffnet den engen Bahnsteig und hätten mich fast auf die Gleise gestoßen, „Deutschland den Deutschen“, „Freiheit für Deutschland“, das sind ihre Parolen. Um dagegenzulenken, möchte ich künftig im Salon vermehrt zu politischen Abenden mit Themen wie Integration und Menschenrechte einladen.

Wie wird Österreich in Berlin gesehen?

Sajdik: Einerseits wird Österreich wegen seiner stark subventionierten Hochkultur bewundert, andererseits wird das Land wegen diverser Skandale gern mit dem Balkan verglichen. Im Großen und Ganzen sind wir „Ösis“ für einen Teil der deutschen Politszene eine liebenswürdige Folkloreerscheinung.

Sie sind nach ihrer Pensionierung noch einmal aufgebrochen, um woanders zu leben. Warum?

Sajdik: Ich wollte mich auf Spurensuche nach den Vorfahren meiner Mutter in Berlin begeben. Sie stammte aus der Verleger- und Druckerfamilie Ernst Litfaß, der auch die nach ihm benannte Säule erfunden hat. Die Stadt Berlin hat uns zu den Feiern rund um den 150. Geburtstag der Litfaßsäule hierher eingeladen. Bei dieser Gelegenheit habe ich beschlossen, da zu bleiben. Neben Berlin gilt mein Interesse den neuen Bundesländern, ganz besonders der Mark Brandenburg mit ihrer spannenden Geschichte. Die Rüstungsindustrie dort hat für den Nachschub zweier Weltkriege gesorgt. Bis vor zwei Jahrzehnten war Brandenburg mit seinen Militärflughäfen und den sowjetischen Truppen auch ein wichtiger Schauplatz des Kalten Kriegs.

Wie konnten Sie in der Sowjetunion als Journalistin arbeiten?

Sajdik: Ich habe mit meiner Familie in Moskau eine sehr angespannte politische Lage erlebt. Die Breschnew-Ära war eine Zeit der Stagnation, aber das Neue bahnte sich seinen Weg. Die alte Garde begann abzutreten, die Trauermärsche im Rundfunk wurden zum täglichen Begleiter. Gorbatschow lernten wir bereits kennen, als er noch Landwirtschaftssekretär im ZK war. Sehr früh konnte ich den Zerfall der Sowjetunion beobachten. Mein Vorteil war, dass ich als Korrespondentin akkreditiert war und gleichzeitig durch meinen Ehemann einen Diplomatenpass besaß. Journalisten mussten für gewöhnlich genehmigte und begleitete Gruppenreisen antreten, ich hingegen machte mit meiner Familie „Urlaubsreisen“. Jede Woche bestiegen wir am Freitag eine Aeroflot-Maschine und besuchten eine Sowjetrepublik, Sonntagabend kehrten wir meist völlig erschöpft wieder zurück. Mit zunehmender Korruption und der Herausbildung mafiöser Strukturen wurde die Berichterstattung aber sehr schwierig und gefährlich. Schließlich wurde ich von einer ausländischen Behörde davor gewarnt, wieder nach Russland zu reisen.

Welchen Einfluss hat die Zeit in Russland nun auf den „Wiensalon“?

Sajdik: Ich verfolge nach wie vor das Geschehen in Russland. Darüber hinaus gibt es in Berlin eine sehr große russische Gemeinschaft, die eigene Zeitungen, Geschäfte und Lokale betreibt. Auch die hält mich auf dem Laufenden. Vor allem aber beschäftige ich mich weiterhin mit russischer Kunst und lade russische Künstler ein, ihre Arbeiten in meinem Salon zu präsentieren. Mein Salon ist jedoch nicht auf Kunst aus Russland spezialisiert. Viele junge Künstler werden von den traditionellen Galerien nicht ausgestellt, weil sie noch unbekannt sind. Kunst, die nicht kommuniziert wird, kann aber nicht wahrgenommen werden. Mein Salon versteht sich als Plattform für junge Kunst – sei sie aus Sibirien oder Australien. Wichtig ist nur die Qualität.

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Anlässlich der Eröffnungsfeier schreibt das österreichische Kommunikationsnetzwerk APA-ZukunftWissen: "Ein eleganter Altbau in einer ruhigen Seitenstraße von Berlin-Kreuzberg erlebte gestern, Donnerstag, Abend großen Auflauf: Im Souterrain des Hauses eröffnete der von Marianne Sajdik geschaffene wiensalonberlin. Zu Live-Musik ihrer Tochter, der österreichischen Sängerin Valerie, und Weinen aus Österreich wurde gemeinsam mit zahlreichen Gästen die neue Institution aus der Taufe gehoben."

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Das Berliner Online-Magazin art-in-berlin lobt die "subjektive Auswahl der Galeristin, die den Besuchern einfach zeigen will, was ihr selbst gefällt. Dieses Zugeständnis zum rein Subjektiven erscheint mutig und erfrischend anders. Und so kann man schließlich Marianne Sajdik nur zustimmen, wenn sie feststellt: 'Die Verwienerung Berlins schreitet so und so fort – und das ist gut so.'"

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Ein Portrait von Marianne Sajdiks wiensalonberlin findet sich auf www.treffpunkt-berlin.eu. Das Online-Magazin berichtete ebenfalls über die Vernissage der Ausstellung
"obszön obschön".